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Landgericht Schweinfurt, Urteil vom 26.10.2020 – Az. 23 O 314/20

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    IM NAMEN DES VOLKES

    In dem Rechtsstreit

    XXX

    -Kläger-

    Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2: Rechtsanwälte Bender, Hohemarkstraße 20, 61440 Oberursel, Gz.: 153/19 BE/Cb

    gegen

    Proindex Capital AG, vertreten durch d. Vorstand Andreas Jelinek und Andy Leipold, Industriestraße 2, 97618 Wülfershausen

    -Beklagte –

    Prozessbevollmächtigte: XXX

    wegen Zahlung aus Genussrechts-Beteiligung

    erlässt das Landgericht Schweinfurt – 2. Zivilkammer – durch den Richter am Landgericht XXX als Einzelrichter am 26.10.2020 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 05.10.2020 folgendes

    Endurteil

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 20.520,4 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2020 zu zahlen.
    2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Leistung von Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

    Beschluss

    Der Streitwert wird auf 20.520,4 € festgesetzt.

    Tatbestand

    Die Kläger machen nach der Kündigung gegenüber der Beklagten aus einer Genussrechts-Beteiligung die Auszahlung des zwischen den Parteien streitigen Werts jener Beteiligung geltend.

    Der Kläger zeichneten bei der Beklagten mit Vertrag vom 01.04.2011 (Vertragsnummer vormals: XXX und seit 2013 nunmehr: XXX) Genussrechte „Typ E 2008 / R 2008“. Der Vertrag, wegen dessen weiterer Einzelheiten auf den Inhalt von Anlage K1 Bezug genommen wird, sah als Anlagesummen für „Typ E 2008“ einen Betrag in Höhe von 5.076 € zzgl. Agio sowie für „Typ R 2008“ weitere 25.380 € zzgl. Agio vor. In den Genussrechts-Bedingungen war dabei unter anderem das Folgende vereinbart:

    „[…] § 6 Laufzeit, Rückzahlung, Verkauf
    1. Die Laufzeit der Genussrechte ist unbestimmt und beträgt mindestens fünf und maximal 20 volle Geschäftsjahre.
    2. Die Rückzahlung der wirksam gekündigten Genussrechte erfolgt zum Buchwert […]. Der Rückzahlungsanspruch ist am 31. März nach Ablauf der Laufzeit fällig
    […] § 7 Kündigungsrechte
    1. Eine ordentliche Kündigung der Genussrechte ist erstmalig sowohl durch den Genussrechts-Inhaber als auch die Emittentin zum Ablauf der vom Genussrechts-Inhaber unter Beachtung der Regelungen des § 6 Abs. 1 dieser Bedingungen auf dem Zeichnungsschein gewählten Mindestlaufzeit zum Ende des Geschäftsjahres zulässig.
    [….] § 12 Nachrangigkeit, Liquidationserlöse
    1. Die Forderungen aus den Genussrechten treten gegenüber allen anderen Ansprüchen von Gläubigern gegen die Emittentin im Rang zurück. Durch die Zahlung der Gewinnanteile sowie die Rückzahlung der Genussrechte zum Buchwert darf bei der Emittentin kein Insolvenzeröffnungsgrund herbeigeführt werden.
    […]“ (Anlage K4).

    Die Kläger kündigten den Genussrechtevertrag mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23.09.2019 (Anlage K6) zum 31.12.2019, wobei die Kündigung an die Beklagte ohne Nennung deren Vorstands gerichtet war. Mit Schreiben vom 01.10.2019 (Anlage K7) bestätigte die Beklagte die fristgerechte Kündigung zum 31.12.2019. Mit Email vom 21.01.2020 (Anlage K8) teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine Rückzahlung nicht vor dem 31.03.2020 erfolgen werde.

    Die Beklagte erbrachte keine Rückzahlung an die Kläger, sondern teilte mit Email vom 31.01.2020 (Anlage K10) mit, dass wegen eines negativen Jahresergebnisses für 2018 derzeit keine Dividenden ausgeschüttet werden würden; eine Rückzahlung fristgerecht gekündigten Genussrechtekapitals erfolge schrittweise in Abhängigkeit von der Liquiditätslage der Gesellschaft über einen Zeitraum von etwa 1 bis 2 Jahren.

    Mit Auszug vom 20.04.2020 (Anlage K5) teilte die Beklagte den Klägern mit, dass sich die Summe ihrer Genussrechte für das Jahr 2019 auf 20.520,4 € beziffere.

    Die Kläger meinen, die Beklagte habe ihnen den im Auszug vom 20.04.2020 mitgeteilten Wert der Genussrechts-Beteiligung auszuzahlen. Die Zahlungsfrist sei am 31.03.2020 abgelaufen. Jedenfalls aber schulde die Beklagte eine Basisrendite in Höhe von 5.449,37 €, die hilfsweise im Wege des Schadensersatzanspruchs aus vertraglicher Pflichtverletzung geltend gemacht werde. Denn die Nichtvornahme einer für die Auszahlung notwendigen und zum Laufzeitende fälligen Berechnung begründe eine schuldhafte Pflichtverletzung des Vertrags durch die Beklagte.

    Die Kläger beantragen wie folgt:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger EUR 20.520,4 zzgl. Verzugszinsen hieraus in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit 01.04.2020 zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie ist der Auffassung, bereits die Höhe des geltend gemachten Rückzahlungsanspruchs erschließe sich nicht; der Saldo aus Einzahlung und Verlustbeteiligung, mithin also der Buchwert und damit der Rückzahlungsbetrag, beziffere sich zum 31.12.2019 auf 14.116,95 €. Unabhängig hiervon stünde einer Auszahlung die vorinsolvenzrechtliche Durchsetzungssperre entgegen, nach welcher die Zahlung der Gewinnanteile bzw. die Rückzahlung der Genussrechte keinen Insolvenzeröffnungsgrund herbeiführen dürfe. Zuletzt fehle auch eine wirksame Kündigung, da diese nicht an den gesetzlichen Vertreter der Beklagten gerichtet gewesen ist.

    Die Kläger replizieren hierauf, die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre sei als Regelung innerhalb der Allgemeinen Geschäftsbedingungen mangels hinreichender Transparenz – Insolvenzgründe seien nicht bezeichnet – bereits unwirksam. Unabhängig hiervon habe die Beklagte auch nichts zu den Voraussetzungen der Durchsetzungssperre vorgetragen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist begründet.

    A.

    Die Kläger haben in Folge wirksamer Kündigung gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 20.520,4 € gemäß § 6 Nr. 2 der zwischen den Parteien vereinbarten Genussrechts-Bedingungen.

    I.

    Zwischen den Parteien ist unstreitig eine Genussrechts-Beteiligung zu Stande gekommen, bei der im Falle einer wirksamen Kündigung die Rückzahlung zum Buchwert am 31. März nach Ablauf der Laufzeit fällig wird. Weitere Ausführungen sind an dieser Stelle deshalb nicht veranlasst (§ 138 Abs. 3 ZPO).

    II.

    Die Kläger haben die Genussrechts-Beteiligung wirksam zum 31.12.2019 gekündigt.

    Gemäß § 7 Nr. 1 der Genussrechts-Bedingungen ist eine ordentliche Kündigung der Genussrechte durch die Inhaber zum Ablauf der in § 6 Nr. 1 der Bedingungen niedergelegten Mindestlaufzeit von 5 Jahren zum Ende des Geschäftsjahres zulässig.

    Diese Voraussetzungen erfüllen die Kläger.

    Die Kündigung erfolgte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23.09.2019 (Anlage K6) und damit im 8. Jahr des 2011 begründeten Vertragsverhältnisses. Die Kündigung wirkt damit zum Ende des Geschäftsjahres 2019, also zum 31.12.2019.

    Der Wirksamkeit der Kündigung steht nicht entgegen, dass diese nicht gegenüber dem Vorstand der Beklagten bzw. etwaig vertretungsbefugten Erklärungsempfängern erklärt worden wäre. Zwar ist die Kündigung als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung im Sinne des § 130 Abs. 1 S. 1 BGB gegenüber dem Vertragspartner zu erklären (BGHZ 144, 371 [379]), so dass sich bei der Beklagten als Aktiengesellschaft die Notwendigkeit des Zugangs der Kündigung bei deren Vorstand (§ 78 Abs. 1 S. 1 AktG) diskutieren ließe. Allerdings ist eine Kündigung unabhängig hiervon jedenfalls in dem Moment zugegangen, zu welchen diese so in den Machtbereich bzw. die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist, dass dieser von ihr tatsächlich Kenntnis nehmen kann (vgl. statt aller Wendtland, in: Hau/Poseck [Hrsg.], BeckOK BGB, 55. Edition Stand: 01.08.2020, § 130 Rdnr. 9 m.w.N.). Letzteres ist hier der Fall, denn die Beklagte hat mit Schreiben vom 01.10.2019 (Anlage K7) den Eingang der Kündigung den Klägern gegenüber bestätigt. Die Kündigung ist auf diese Weise der Beklagten letztlich wirksam zugegangen und führt zur Beendigung des Genussrechts-Beteiligung.

    III.

    In Folge der wirksamen Kündigung hat die Beklagte den Klägern zum 31.03.2020 den Wert der Genussrechts-Beteiligung zu erstatten.

    Dies sieht § 6 Nr. 2 der Genussrechts-Bedingungen so vor.

    Die genannte Bestimmung sieht den auf die wirksame Kündigung folgenden 31. März als Fälligkeitstag vor, vorliegend also den 31.03.2020.

    Auszuzahlen ist der Buchwert der Beteiligung. Dieser beträgt 20.520,4 €. Dies folgt aus der Mitteilung der Beklagten vom 20.04.2020 (Anlage K5), in welcher sie den Wert der Beteiligung der Kläger in eben dieser Höhe angegeben hat. An diese Erklärung hat die Beklagte sich festzuhalten lassen. Soweit sie im hiesigen Verfahren die Höhe des Rückzahlungsanspruchs (nunmehr) bestritten hat, war dies unbehelflich. Der Vortrag der Beklagten war mangels Substanz unbeachtlich.

    Im Zivilprozess sind die Parteien zur Substantiierung ihres Vortrags gehalten, das heißt sie haben sämtliche Tatsachen, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das von ihnen beanspruchte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen (siehe BGH, NJW 2019, 3236 [3236 f.]), so konkret vorzutragen, dass sowohl dem Gegner eine Stellungnahme hierzu (BGH, NJW-RR 2003, 69 [70]) als auch dem Gericht eine Einschätzung der Erheblichkeit des Vortrags ermöglicht wird (BGH, NJW-RR 2010, 1217 [1218 f.]). Hierbei kann je nach Prozesslage eine Parteien gehalten sein, ihren Vortrag näher zu konkretisieren (substantiieren); der erforderliche Grad an Substantiierung hängt mit anderen Worten davon ab, wie konkret und detailliert der Gegenvortrag ist (vgl. insges. Bacher, in: Vorwerk/Wolf [Hrsg.], BeckOK ZPO, 38. Edition Stand: 01.09.2020, § 284 Rdnr. 38 m.w.N.). Ein Vortrag, der diesen Anforderungen nicht genügt, bleibt mit Blick auf § 138 Abs. 1 und 2 ZPO unbeachtlich (siehe Mertins, NJ 2009, 441 [441]).

    Dies vorausgeschickt, hätte es an der Beklagten gelegen, konkret vorzutragen und darzutun, aus welchem Grunde sich entgegen des von ihr in der Mitteilung vom 20.04.2020 an die Kläger mitgeteilten Werts des Genussrechts-Beteiligung tatsächlich nicht der ebendort ausgewiesene Wert in Höhe von 20.520,4 € ergeben solle. Einer Erläuterung hierzu hat die Beklagte indes nicht abgegeben. Auf die insoweit bestehende Erklärungspflicht war die im hiesigen Verfahren anwaltlich vertretene Beklagte auch nicht gesondert hinzuweisen (§ 139 Abs. 1 ZPO), da die Kläger sich zur Begründung ihres Zahlungsverlangen auf die Mitteilung der Beklagten vom 20.04.2020 berufen haben und der Beklagten damit nicht hat entgehen können, dass ihre Erklärung vom 20.04.2020 für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung sein wird.

    IV.

    Der Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs steht zuletzt auch nicht die vorinsolvenzrechtliche Durchsetzungssperre des § 12 Nr. 1 Genussrechts-Bedingungen entgegen.

    Unbeschadet der Wirksamkeit dieser Klausel hätte es auch hier an der Beklagten gelegen, zum Vorliegen der Voraussetzungen dieser Durchsetzungssperre vorzutragen, das heißt inwiefern bei ihr durch eine Rückzahlung der Genussrechte ein Insolvenzeröffnungsgrund herbeigeführt werden würde. Auf die Erforderlichkeit eines solchen Vortrags wurde die Beklagte bereits durch den Vortrag der Kläger, aber auch durch die Kammer in der Sitzung vom 05.10.2020 (Blatt 55 [56] der Akte) hingewiesen. Die Beklagte hat indes keinerlei substantiierte Tatsachen (siehe zuvor) dazu vorgetragen, dass durch eine Rückzahlung an die Kläger die Gefahr der Insolvenzreife über ihr Vermögen begründet werden würde. Sie hat sich auf den Vortrag beschränkt, dass der entsprechende Jahresabschluss bilanziell noch nicht veröffentlicht sei. Dieser Vortrag ist ungeeignet, um die Gefahr einer durch die streitgegenständliche Rückzahlung drohenden Insolvenz der Beklagten ersehen zu können. So hat die Beklagte schon zu ihrer wirtschaftlichen Gesamtlage keinerlei Sachvortrag geleistet. Ob die Voraussetzungen der vorinsolvenzrechtlichen Durchsetzungssperre gegeben sind, liegt damit im Dunkeln. Dies geht zu Lasten der Beklagten.

    B.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.

    C.

    Der Streitwert ist gemäß §§ 63 Abs. 2, 48 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO festgesetzt worden.

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