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Landgericht München I Urteil vom 20.12.2018 Az.: 10 O 9743/18

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    Landgericht München I Urteil vom 20.12.2018 Az.: 10 O 9743/18

    In dem Rechtsstreit

    XXX

    erlässt das Landgericht München I – 10. Zivilkammer – durch den Richter am Landgericht XXX als Einzelrichter am 20.12.2018 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2018 folgendes

    Endurteil

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14.957,45 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.08.2018 zu bezahlen.

    2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 562,16 € freizustellen.

    3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

    4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

    Beschluss

    Der Streitwert wird auf 25.651,16 € festgesetzt.

    Tatbestand

    Der Kläger verlangt nach dem Widerruf eines Leasingvertrages von der Beklagten die Rückzah­lung der gezahlten Leasingraten. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs.

    Zwischen den Parteien wurde am 18.08./ 27.10.2014 ein sog. Vario-Finanzierungsleasingvertrag, der bei der Beklagten unter der Leasingnummer 52824046 geführt wird, geschlossen (Leasingbestellung Anlage K 1a, Annahmebestätigung vom 27.10.2014, Anlage K 1b). Mit dem Leasingvertrag wurde dem Kläger ein Fahrzeug des Herstellers XXX Modell Al, 1.6 TDI S-line Edition Sport­back zur Nutzung zu privaten Zwecken überlassen. Als Leasingzeit waren 54 Monate und als Ki­lometer-Laufleistung 20.000 Kilometer im Jahr vereinbart. Die monatliche Leasingrate beträgt 312,87 € und die Schlusszahlung 880,50 €. Nach Ablauf der Leasingzeit sollen für Mehrkilometer 8,72 ct / km nachbelastet und für Minderkilometer 4,98 ct / km vergütet werden, soweit die Abwei­chung der Laufleistung mehr als 2.500 km beträgt. Ferner wurde eine Kaufoption bei Zahlung ei­nes Kaufpreises in Höhe von 11.118,74 € vereinbart.

    Der Leasingvertrag wird auf Seite 1 des Vario-Finanzierungsantrags (Anlage K 1a, Kasten rechts oben) wie folgt beschrieben:

    „Vertragstyp: Vario-Finanzierung Privatkunden (Kilometerleasing mit Kaufoption).“

    Ferner enthält der Vario-Finanzierungsantrag auf Seite 4 eine Widerrufsbelehrung. Die Widerrufsbelehrung hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

    „Widerrufsrecht

    Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Grün­den in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder – wenn Ihnen die Sache vor Fristab­lauf überlassen wird – auch durch Rücksendung der Sache widerrufen.

    Die Frist beginnt nach Erhalt dieser Belehrung in Textform, jedoch nicht vor Ver­tragsschluss und auch nicht vor Erfüllung unserer Informationspflichten gemäß Art. 246 § 2 i.V.m. 1 1 und 2 EGBGB. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache.

    […].“

    Mit den Vertragsunterlagen hat der Kläger darüber hinaus die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Vario-Leasing von Kraftfahrzeugen, Stand Februar 2014 (Anlage B 1) erhalten. Diese Be­dingungen enthalten folgenden Regelungen:

    „1. Vertragsschluss

    1.1. Der Leasingnehmer (nachfolgend auch: Kunde) bietet der XXX nachfolgend XXX genannt, als Leasinggeber den Abschluss eines Leasingvertrags an. Der Leasingnehmer ist an seinen Antrag sechs Wochen gebunden. Der Leasingvertrag ist abgeschlossen, wenn XXX den Antrag in Textform (Brief, Fax, Mail) ange­nommen oder bestätigt hat.

    […].

    14. Vertragsverletzungen, Zahlungsverzug, Kündigung

    Jeder Vertragspartner kann den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos kündigen.

    […]

    14.3 Bei Zahlungsverzug hat der Leasingnehmer Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe zu zahlen. […]“

    […]

    Mit Schreiben vom 30.12.2017 (Anlage K 3) erklärte der Kläger den Widerruf der auf Abschluss des Leasingvertrages gerichteten Willenserklärung und forderte die Beklagte zur Rückabwicklung binnen zwei Wochen auf.

    Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin mit E-Mail vom 09.01.2018 (Anlage K 4) mit, dass ein Anspruch auf Widerruf des Leasingvertrags nicht „berechtigt“ sei und zurückgewiesen werde. Der Widerruf sei erst weit nach Ablauf der 14-Tagefrist nach § 355 Abs. 2 BGB erklärt worden und sei damit nicht rechtzeitig erfolgt.

    Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.02.2018 (Anlage K 5) forderte der Kläger die Beklagte auf, bis zum 08.03.2018 zu erklären, dass ihr aus dem widerrufenen Leasingvertrag keine Ansprüche mehr zustehen. Ferner forderte der Kläger die Beklagte auf, binnen gleicher Frist die bislang ge­zahlten Leasingraten und die Anzahlung zurückzuzahlen.

    Vom 01.12.2014 bis einschließlich August 2018 hat die Beklagte eine monatliche Rate in Höhe von 255,49 € vom Konto des Klägers eingezogen. Zusätzlich hat der Kläger eine Anzahlung in Höhe von 2.965,00 € geleistet und Logistikkosten in Höhe von 589,50 € bezahlt.

    Der Kläger hat das Fahrzeug am 20.08.2018 an die Beklagte zurückgegeben. Daraufhin hat die Beklagte dem Kläger von der Leasingrate für August 2018 einen Betrag in Höhe von 85,10 € er­stattet.

    Der Kläger behauptet, die „Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite“ weder vorvertraglich noch bei Vertragsschluss erhalten zu haben.

    Der Kläger meint, dass die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Sowohl die Widerrufsbelehrung als auch die Pflichtangaben nach Art. 247 §§ 6, 3 EGBGB seien nicht ordnungsgemäß. Dabei wären konkret weder die Pflichtangaben über die Art der entgeltlichen Finanzierungshilfe, die Art und Weise der Anpassung des Verzugszinssatzes, das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung noch die Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß.

    Die Beklagte sei nach dem Widerruf verpflichtet, an den Kläger alle auf den Leasingvertrag gelei­steten Raten sowie etwaige Sonderzahlungen zurückzuzahlen.

    Die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten rechtfertige sich aus § 286 BGB. An­zusetzen sei eine 1,3 Geschäftsgebühr sowie eine Post- und  Telekommunikationspauschale in Höhe von 20,00 € zzgl. Umsatzsteuer. Geltend gemacht werde nur der nicht anrechenbare Teil der Geschäftsgebühr in Höhe von 0,65 Gebühren. Der Streitwert betrage 18.229,66 € (vgl. Klage­schrift Seite 20, Bl. 20 d.A.).

    Der Kläger hat zunächst die Feststellung beantragt, dass der Beklagten aus dem Leasingvertrag ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 30.12.2017 kein Anspruch mehr auf die vereinbarte vertragliche Leasingrate zustehe, die Zahlung von 14.531,97 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs und die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde sowie die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangt.

    Die Klageschrift wurde der Beklagten am 09.08.2018 zugestellt.

    Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlungen am 08.11.2018 im Üb­rigen übereinstimmend für erledigt erklärt haben,

    beantragt der Kläger zuletzt:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 14.957,45 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezah­len.

    2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 562,16 € freizustellen.

    Der Kläger beantragt ferner,

    die Hilfswiderklage abzuweisen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte hat hilfsweise aufgerechnet mit einem Wertersatzanspruch gegen den Kläger in Hö­he von 7.412,50 €. Eine Hilfswiderklage, deren Abweisung der Kläger beantragt hat, hat die Be­klagte nicht erhoben.

    Sie meint, die erteilte Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß und hätte die Widerrufsfrist wirk­sam in Gang gesetzt. Sie enthalte die gem. Art. 247 §§ 6, 3 EGBGB erforderliche Information über das Bestehen eines Widerrufsrechts sowie die erforderlichen Pflichtangaben. Die zweiwö­chige Widerrufsfrist sei abgelaufen und der Widerruf sei daher verfristet.

    Die Aktivlegitimation für die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren werde bestritten. Sollte der Kläger rechtsschutzversichert sein, gingen etwaige Ansprüche gemäß § 86 VVG auf den Versi­cherer über.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird zur Ergänzung des Tatbestan­des auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist begründet.

    I.

    Der Kläger hat gegen die Beklagte gemäß §§ 357 Abs. 1 Satz 1, 506 Abs. 1 und Abs. 2 a.F., 495 a.F., 355, 356b Abs. 2 a.F. BGB einen Anspruch auf Rückzahlung der gezahlten Leasingraten und sonstigen Kosten in Höhe von insgesamt 14.957,45 €.

    1. Auf die auf den Abschluss des Leasingvertrages gerichtete Willenserklärung des Klägers sind gemäß Art. 229 § 38 EGBGB die Vorschriften des BGB in der bis zum 20.03.2016 geltenden Fas­sung (a.F.) anzuwenden.

    2. Der Kläger war berechtigt, seine auf Abschluss des Leasingvertrages gerichtete Willenserklä­rung gemäß §§ 506 Abs. 1, Abs. 2, 495 BGB in der vom 13.06.2014 bis zum 20.03.2016 gelten­den Fassung nach näherer Maßgabe des § 355 BGB zu widerrufen. Der Widerruf des Beklagten ist auch nicht verfristet, weil die Widerrufsfrist des § 356b Abs. 2 BGB a.F. noch nicht zu Laufen begonnen hat.

    a) Bei dem zwischen den Parteien geschlossen Leasingvertrag (sog. Vario-Leasingvertrag) han­delt es sich um eine entgeltliche Finanzierungshilfe im Sinne von § 506 Abs. 1 BGB a.F. Nach § 506 Abs. 1 BGB a.F. sind die Vorschriften der §§ 358 bis 360 und 491a bis 502 mit Ausnahme des § 494 Abs. 4 und vorbehaltlich der Absätze 3 und 4 auf Verträge entsprechend anzuwenden, durch die ein Unternehmer einem Verbraucher einen entgeltlichen Zahlungsaufschub oder eine sonstige Finanzierungshilfe gewährt. Nach § 506 Abs. 2 BGB a.F. gelten Verträge zwischen ei­nem Unternehmer und einem Verbraucher über die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes als unentgeltliche Finanzierungshilfe, wenn vereinbart ist, dass 1. der Verbraucher zum Erwerb des Gegenstandes verpflichtet ist, 2. der Unternehmer vom Verbraucher den Erwerb des Gegenstan­des verlangen kann oder 3. der Verbraucher bei Beendigung des Vertrages für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat. Die Vorschrift des § 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB ist ­da es sich insoweit um eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Regelungslücke handelt – auf Leasingverträge mit Kilometerabrechnung entsprechend anzuwenden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.10.2012 – 24 U 15/12, NJW – RR 2013, 1069; Ball – ehemals Vorsitzender des VIII. Zi­vilsenats des BGH – in: Festschrift für Klaus Tolksdorf zum 65. Geburtstag, Seite 3 ff.). Für die analoge Anwendung der Vorschrift auf Kraftfahrzeuge mit Kilometerabrechnung spricht vor allem der Schutzzweck der gesetzlichen Bestimmungen für Verbraucherdarlehensverträge. Denn es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass der Verbraucher bei dieser Vertragsart im Hinblick auf vorvertragliche und vertragliche Informationen, Schriftformerfordernis, Widerrufsrecht und Gesamtfälligstellung weniger schutzbedürftig wäre als im Falle des Abschlusses eines Kraftfahrzeugleasingvertrages mit Restwertgarantie (§ 506 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB), zumal der Leasinggeber auch ohne Restwertgarantie die für das Fahrzeugleasing wesentliche Vollamortisation typischerweise durch Verwertung des zurückgegebenen Fahrzeugs erlangt (Ball in Festschrift für Klaus Tolksdorf zum 65. Geburtstag, Seite 4, Seite 9).

    b) Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Leasingvertrag handelt es sich um einen Kilometerleasingvertrag, weil nach dem Vertrag Mehr- oder Minderkilometer nach Ablauf der Leasingzeit abzurechnen sind und der Vertrag im Übrigen ausdrücklich als „Kilometerleasing mit Kaufop­tion“ (vgl. Anlage K la, Kasten rechts oben) bezeichnet worden ist.

    c) Dem Kläger stand daher gemäß § 495 Abs. 1 BGB a.F. ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu.

    d) Der Widerruf des Klägers ist auch nicht verfristet: Die Widerrufsfrist gemäß § 356b Abs. 2 BGB a.F. hat noch nicht zu Laufen begonnen, weil die dem Kläger zur Verfügung gestellte Ver­tragsurkunde die Mindestangaben nach Art. 247 §§ 6 – 13 EGBGB nicht vollständig enthalten hat.

    aa) Nach § 356b Abs. 2 BGB a.F. BGB beginnt die Widerrufsfrist nicht zu Laufen, wenn die dem Leasingnehmer zur Verfügung gestellte Vertragsurkunde die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB nicht enthält. Nach § 492 Abs. 2 BGB a.F, muss der Vertrag die für den Verbraucherdarlehensvertrag nach Art. 247 §§ 6 – 13 EGBGB vorgeschriebenen Angaben enthalten.

    bb) Der Vertrag enthält zwar die erforderliche Pflichtangabe über die „Art der sonstigen Finanzie­rungshilfe“ (nachfolgend aaa). Jedoch genügt die Information über den Verzugszinssatz (nachfol­gend bbb) und die Modalitäten der Kündigung (nachfolgend ccc) nicht den gesetzlichen Anforde­rungen. Zudem ist die Widerrufsbelehrung irreführend (nachfolgend ddd).

    aaa) Die gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 3 Abs. 1 Nr. 2, 12 Abs. 1 EGBGB in der bis zum 20.03.2016 geltenden Fassung (a.F.) erforderliche Pflichtangabe über die „Art der sonstigen Finanzierungshilfe“ ist auf Seite 1 des Vario-Finanzierungsantrags der Beklagten (Anlage K la, Kasten rechts oben) enthalten. Es genügt eine schlagwortartige Produktumschreibung, die mög­lichst knapp und verständlich ist (vgl. Schürnbrand in MüKo BGB, Band 3a, 7. Auflage 2017, § 491 a Rn. 15). In dem Antrag der Beklagten heißt es unter Vertragstyp: „Vario-Finanzierung, Privatkun­den (Kilometerleasing mit Kaufoption)“. Diese Umschreibung genügt den gesetzlichen Anforde­rungen: Sie informiert klar und verständlich über die Art der Finanzierungshilfe.

    bbb) Die Beklagte hat den Kläger nicht hinreichend gemäß der gesetzlichen Anforderungen in Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 3 Abs. 1 Nr. 11, 12 Abs. 1 EGBGB a.F. über den Verzugszinssatz informiert. Nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB muss die Unterrichtung den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung sowie gegebenenfalls anfallende Verzugsko­sten enthalten. Zwar enthält Ziff. 14.3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Teil A) der Beklag­ten (Anlage B 1) den Hinweis „Bei Zahlungsverzug hat der Leasingnehmer Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe zu zahlen.“ Angaben zur Art und Weise der Anpassung des Verzugszinssatzes fehlen jedoch. Darüber hinaus ist aus Transparenzgründen die zum Zeitpunkt der Information maßgebliche absolute Zahl Verzugszinssatzes zu nennen (vgl. Schürnbrand in MüKo BGB, Band 3a, 7. Auflage 2017, § 491a Rn. 31). Auch diese Information fehlt im vorliegenden Fall. Aus dem von der Beklagten zitierten Urteil des Landgerichts München 1 vom 12.11.2018 (29 0 7213/18) folgt nichts anderes, weil der dortigen Entscheidung eine andere Fassung der Allgemeinen Ge­schäftsbedingungen der Beklagten zu Grunde lag.

    ccc) Die Beklagte hat zudem das bei der Kündigung einzuhaltende Verfahren nicht ausreichend gemäß Art. 247 §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, 12 Abs. 1 EGBGB a.F. erläutert. Nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB a.F. muss der Vertrag klar und verständlich Angaben über das einzuhal­tende Verfahren bei der Kündigung des Vertrages enthalten. In Ziff. 14 der Allgemeinen Ge­schäftsbedingungen Teil A (Anlage B 1) hat die Beklagte zwar über das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund für jeden Vertragspartner informiert und in Ziff. 14.1 aufgezählt, wann ein sol­cher wichtiger Grund vorliegt. Damit hat die Beklagte aber nicht über das einzuhaltende Verfahren informiert. Schon nach dem Wortlaut der Vorschrift erfordert die Information nähere Angaben zu Form und Frist der Kündigung. Dies wird im Übrigen durch eine richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift des Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB a.F. im Lichte des Art. 10 Abs. 2 Buch­stabe s der Richtlinie 2008/48/EG bestätigt: So heißt es in Art. 10 Abs. 2 Buchstabe s der Richtlinie 2008/48/EG, dass über die einzuhaltenden Modalitäten bei der Ausübung des Rechts auf Kün­digung des Kreditvertrags zu informieren ist. Schon nach dem Wortlaut legt die Begriffswahl „Mo­dalität“, die bildungssprachlich die „Einzelheiten der Durchführung“ sowie die „Art und Weise“ meint, eine detaillierte Information nahe. Dass auch der Richtliniengeber den Begriff so verstanden hat, erkennt man an Art. 10 Abs. 2 Buchstabe p der Richtlinie 2008/48/EG, wonach „die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts“ anzugeben sind. Nähere An­gaben zu den Modalitäten der Ausübung des Kündigungsrechts fehlen im vorliegenden Fall. Ob es darüber hinaus erforderlich ist, die möglichen Kündigungsgründe im Einzelnen in der Information aufzuzählen, wovon der Gesetzgeber unter Hinweis auf die Kündigungsmöglichkeit nach § 314 BGB ausgeht (vgl. BT-Drs. 16/11643, Seite 128) kann insoweit offen bleiben.

    ddd) Schließlich entspricht die Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Vorgaben, weil sie ent­gegen Art. 247 §§ 12 Abs. 1, 6 Abs. 1, 6 Abs. 2 EGBGB a.F. nicht hinreichend klar und verständlich ist. Die in Ziffer 1.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Anlage B 1) mitgeteilte sechswö­chige Bindung des Leasingnehmers an seinen Antrag kann selbst bei einem verständigen und aufmerksamen Verbraucher zu Unklarheiten hinsichtlich des Bestands des Widerrufsrechts füh­ren (vgl. LG Hamburg, Urteil v. 19.09,12016 – 325 0 42/16, BeckRS 2016, 18146). Es liegt näm­lich nicht fern, dass der Verbraucher die Regelung dahingehend versteht, dass sein Widerrufs­recht bis zur Annahme durch den Leasinggeber nicht besteht. Dies steht im Widerspruch zum geltenden Recht, da der Verbraucher zu keinem Zeitpunkt an seinen Antrag gebunden ist (vgl. Grüneberg in: Palandt, BGB, 77. Aufl. 2018, § 355, Rdnr. 7). Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung entspricht auch nicht gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. den gesetz­lichen Anforderungen (Gesetzlichkeitsfiktion), weil der Wortlaut der Widerrufsbelehrung von dem Wortlaut der seinerzeit geltenden Fassung von Anlage 7 deutlich abweicht.

    3. Die Beklagte hat aufgrund des wirksamen Widerrufs des Klägers die gewährleisten Leistungen gemäß § 357 Abs. BGB a.F. zurückzugewähren, d.h. insgesamt einen Betrag in Höhe von 14.957,30 € (45 Raten á 255,89 € abzüglich der Erstattung von 85,30 € zuzüglich der Anzahlung in Höhe von 2.965,00 € sowie Logistikkosten in Höhe von 589,50 €).

    4. Die Hilfsaufrechnung der Beklagten bleibt erfolglos, da die Beklagte keinen Wertersatzan­spruch gemäß § 357a Abs. 2 Satz 2 BGB in der vom 20.09.2013 bis zum 20.03.2016 geltenden Fassung i.V.m. 357 Abs. 8 Satz 2 BGB hat. Nach § 357 Abs. 8 Satz 2 BGB schuldet der Verbrau­cher nur dann Wertersatz, wenn er von dem Unternehmer ausdrücklich verlangt hat, dass dieser mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Dabei sind strenge Voraussetzungen an die Zustimmung zu stellen, insbesondere genügt eine bloß konkludente oder eine in den AGB an­tizipierte Zustimmung nicht (vgl. Müller-Christmann in BeckOK BGB, Buch 2, 48. Edition, Stand: 01.08.2018, § 357a Rn. 5). Dass der Kläger ausdrücklich verlangt hätte, das Fahrzeug vor Ablauf der Widerrufsfrist auszuliefern, hat die Beklagte nicht dargelegt. Dieses – für die Beklagte harte Ergebnis – entspricht dem Wortlaut des Gesetzes. Dem steht auch der Einwand der Verwirkung nicht entgegen, wie sich aus dem Urteil des BGH vom 12.07.2016 (XI ZR 564/15, zitiert nach juris) ergibt, nicht entgegen. Näherer Ausführungen hierzu bedarf es nicht, nachdem die Beklagte zu etwaigen Umständen, aus denen sich eine von Amts wegen zu prüfende Verwirkung ergeben könnte, nichts Näheres vorgetragen hat.

    II.

    Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB, § 187 Abs. 1 BGB analog.

    Die Beklagte hat den Kläger ferner im Wege des Verzugsschadensersatzes gemäß §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1, 288 Abs. 4 BGB von den entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten frei­zustellen. Die Beklagte befand sich mit der Rückabwicklung in Schuldnerverzug nachdem die B­klagte die Rückabwicklung ausdrücklich abgelehnt hat (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Auf Grundlage eines Streitwerts von 18.229,66 € ergeben sich folgende vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten:

    Geschäftsgebühr 0,6            5452,40 €

    Auslagenpauschale                  20,00 €

    MWSt                                          89,76 €

    Summe:                                     562,16 €.

    Der Anspruch ist auch nicht nach § 86 VVG auf eine etwaige Rechtsschutzversicherung des Klä­gers übergegangen. Der Anspruch geht nur über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Dass eine Rechtsschutzversicherung die Rechnung bereits ausgeglichen habe, trägt auch die Beklagte nicht vor.

    III.

    Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 91a ZPO. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits sind die Kosten der Beklagten gemäß § 91a ZPO aufzuerlegen, da sie den Rechtsstreit unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands auch inso­weit verloren hätte.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

    IV.

    Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 45 Abs. 2 GKG. Der Streitwert in Höhe von ins­gesamt 25.651,16 € setzt sich aus einem Betrag von 18.229,66 € für die Klage und einem weite­ren Betrag in Höhe von 7.412,50 € für die Hilfsaufrechnung zusammen.

     

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